- Deutschland: Treffen Kohls mit Modrow in Dresden und Bonn
- Deutschland: Treffen Kohls mit Modrow in Dresden und BonnAngesichts der von Sorge geprägten Aufmerksamkeit der Westmächte und der Sowjetunion gegenüber den sich überstürzenden Veränderungen im deutsch-deutschen Verhältnis kam der ersten offiziellen Begegnung des Kanzlers der Bundesrepublik Deutschland mit dem DDR-Ministerpräsidenten in Dresden (19. Dezember) eine herausragende Bedeutung zu. Kohl wie Modrow waren sich in ihrem Gespräch ihrer gemeinsamen Verantwortung bewusst. Trotz verstärkter Rufe nach der Vereinigung gingen beide von der gegenwärtigen Existenz zweier deutscher Staaten aus. Sie einigten sich auf eine Absichtserklärung zu einer Vertragsgemeinschaft, die im Frühjahr 1990 abgeschlossen werden sollte. Beide setzten sich dafür ein, 1990 eine KSZE-Gipfelkonferenz abzuhalten. Als Ministerpräsident Modrow am 13. Februar 1990 mit 17 Ministern, darunter acht Vertretern von Oppositionsgruppen, die (seit 5. Februar) der »Regierung der Nationalen Verantwortung« angehörten, zu einem Gegenbesuch nach Bonn kam, hatte sich die politische Szene entscheidend verändert. Der Wahltermin für die erste demokratische Wahl in der DDR war vom 6. Mai auf den 18. März vorgezogen worden. Der Regierung Modrow blieben nur noch vier Wochen bis zu ihrer voraussehbaren Abwahl. Die von Ministerpräsident Modrow und Teilnehmern des »Runden Tisches« erbetene Soforthilfe von 15 Milliarden DM wurde von Bonn abgeschlagen. Als Ergebnis der Verhandlungen wurde lediglich die Einrichtung einer Kommission beschlossen, die sich mit den Vorbereitungen für eine Währungs- und Wirtschaftsunion befassen sollte. Unterschiedliche Auffassungen gab es zwischen den beiden Regierungschefs u. a. in der Frage der polnischen Westgrenze und der Bündniszugehörigkeit eines vereinten Deutschland. Die DDR-Delegation reiste mit dem für sie enttäuschenden Eindruck nach Ost-Berlin zurück, die Bundesregierung akzeptiere die Regierung Modrow nicht mehr - wie noch im Dezember - als ebenbürtigen Partner und werde grundsätzliche Vereinbarungen erst mit einer demokratisch legitimierten Regierung der DDR treffen.
Universal-Lexikon. 2012.